Sonntag, 16. Dezember 2012

Wahlanalyse Niedersachsen: Ein kleines Statistik-Experiment

Als vor wenigen Wochen der Präsidentschaftswahlkampf in den USA zu Ende ging, gab es neben Barack Obama noch einen weiteren Sieg - wenn man so will war es ein Sieg der Zahlen, demographischen Daten und Statistiken über die Berechenbarkeit der amerikanischen Wähler. Unumstrittener Sieger auf diesem Feld der Demoskopie ist wohl ohne Zweifel Nate Silver, ein amerikanischer Ökonom, Statistiker und Wahlforscher aus Michigan. Er konnte durch die Wahlanalyse in seinem vielzitierten Blog FiveThirtyEight nicht nur den nächsten Präsidenten der USA korrekt benennen, sonder auch den Wahlausgang in allen 50 Bundesstaaten korrekt vorhersagen - in einem Wahlkampf, der seit dem Duell Bush/Gore nicht mehr so knapp und spannend wurde. Wie war das möglich? Und warum misslingt in Deutschland häufig der Versuch einer korrekten Prognose?

Silvers demoskopisches Modell geht von gänzlich anderen Grundannahmen aus. Während hierzulande durch Umfrageinstitute Momentaufnahmen des jeweiligen Stimmungsbilds in einem - zumeist sehr kleinen - Teil der Bevölkerung eingefangen werden, setzt Silver ganz auf die Trägheit des Wählers. Vergangene Wahlen, Abstimmungen und Umfragen fließen bei ihm parallel zu den aktuellen Erhebungen der Umfrageinstitute in die Wahlanalyse ein. Für Silver zählt die Bekundung der Wahl einer bestimmen Partei weniger als die tatsächliche Wahl einer Partei in der Vergangenheit.

Verfeinert wird dieses Modell durch die Zuhilfenahme demographischer Daten. Ältere Menschen wählen konservativer, in Großstädten tendieren die Wähler allgemein nach links, auf dem Land nach rechts, die Grünen rekrutieren ihre Wählerschicht zumeist aus den Stadtzentren, die Liberalen eher aus den suburbanen Stadtrandlagen. All diese Erkenntnisse sind nicht neu oder besonders beachtlich, aber eine geographische Verortung demographischer Wählerdaten - und hier kommen geopolitische Aspekte ins Spiel - ermöglichen ein wesentlich feineres Stimmungsbild einer bestimmen Region, eines bestimmten Wahlkreises.

Abgerundet wird die Analyse durch die Aggregation vieler verschiedener Meinungsumfragen unterschiedlicher Methodik und Herkunft. Silver beruft sich bei der Auswertung nicht auf eine einzelne Umfrage, sondern kombiniert geschickt ältere und jüngere Erhebungen verschiedener Institute, wodurch krasse Falschaussagen vermieden werden.  Diese "polls of polls" - wie beispielsweise von RealClearPolitics - sind in den USA mittlerweile Standart, während hierzulande immer noch einzelne Umfrageinstitute mit besonders exponierten Ergebnissen Schlagzeilen machen können.

Ab heute möchte ich in diesem Blog ein kleines Experiment wagen. Ich will versuchen die Mittel und Methoden von Silver auf die deutschen Verhältnisse zu übertragen. Es muss möglich sein, auch hierzulande diese Genauigkeit in der Prognose zu erreichen. Und welche Wahl bietet sich gegenwärtig dafür besser an, als die Landtagswahl in Niedersachsen. Die Zahl der Wahlkreise ist überschaubar, die Umfragen sind ziemlich aktuell und die Daten vergangener Wahlen sind alle ohne größere Probleme im Netz auffindbar. Fasst man diese Daten geschickt zusammen und gewichtet die einzelnen Wahlergebnisse entsprechend, so müsste es doch möglich sein, zumindest 80% aller Wahlkreise in Niedersachsen korrekt vorherzusagen.

Im nächsten Artikel werde ich meine Vorgehensweise bei der Berechnung der Ergebnisse genauer erläutern und diejenigen statistischen Verfahren diskutieren, die mir für diese Aufgabe am geeignetsten erscheinen. Bis dahin habe ich für Sie noch ein kleines Quiz im Angebot, eine simple Frage, die jeder politisch interessierte Mensch doch klar beantworten können müsste:

Wie heißt doch gleich der Spitzenkandidat der SPD in Niedersachsen? :)

Teil 2

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