Dienstag, 11. Dezember 2012

Nachtrag: Ansichten zum deutschen Rüstungsexport (2)

Wenige Tage zuvor konnten Sie hier den ersten Teil meiner Bewertung der vermehrten Rüstungsexporte in den arabischen Raum einsehen. Darin vertrat ich die These, dass autokratische Regime nicht per se von deutschen Waffenlieferungen ausgeschlossen werden sollten, da diese Frage zu entscheidend für die Ausgestaltung deutscher Interessen ist, um sie einer moralisierenden Politikdoktrin zu überlassen. Im zweiten Teil will ich näher darauf eingehen, welche deutschen Interessen hinter diesen Paradigmenwechsel der Bundesregierung stehen und welche Rolle Israel hierbei einnimmt.


Durch den arabischen Frühling wurde das Kräftegleichgewicht im Nahen und Mittleren Osten empfindlich beeinträchtigt, die Nachwehen dieser Erschütterungen können heute in Syrien beobachtet werden. Sunnitische Islamisten bekämpfen den schiitischen Assad-Clan und schwächen dadurch einen der wichtigsten Verbündeten des schiitischen Irans. Die Situation in Syrien ähnelt der im Irak während des zweiten Golfkriegs, als durch den Westen unterstützte schiitische Aufständische gegen Saddam rebellierten und von diesem brutal niedergeschlagen wurden.

Sollten die Rebellen in Syrien den Sieg davontragen, so könnte sich der Iran in die Enge gedrängt fühlen und möglicherweise die Anstrengungen um das Atomprogramm intensivieren. Denn während den Ajatollahs allmählich die Machtoptionen abseits der Bombe abhandenkommen, wächst die Macht Saudi-Arabiens, dem großen Gegenspieler des Irans in der Region. Saudi-Arabien wird gegenwärtig durch die Amerikaner in den Stand einer Art lokale Ordnungsmacht erhoben. Ziel ist es, durch den Aufbau Riads zur regionalen Großmacht die konfliktgebeutelte Region zu befrieden, um die freien Kapazitäten ganz Teheran und dem immer problematischeren Afghanistan widmen zu können.

Dabei spielen die Saudis natürlich ein doppeltes Spiel. Der Sturz der Mittelmeer-Despoten und deren Austausch durch Machthaber der Salafisten und Moslembrüder liegen ganz im Interesse der Saudis. Man sollte sich keinen Illusionen hingeben, die Saudis finanzieren und unterstützen auch in Deutschland aktiv den Salafismus und sind wahrlich nicht an der weiteren Demokratisierung der Region interessiert. Aber die deutsche Position ist klar: Saudi-Arabien soll in seiner Entwicklung zum überregionalen Machtfaktor ausgiebig unterstützt werden. Diese Strategie der Amerikaner ist für Deutschlands Rüstungswirtschaft lukrativ, die weitere Schwächung des Regimes in Teheran liegt in deutschem Interesse und Israel hat diesen Geschäften ausdrücklich zugestimmt.

Es darf ohnehin angenommen werden, dass ohne die israelische Zustimmung keine größeren Waffengeschäfte in diese Region durch Deutschland vorgenommen werden. Auch der stärkere Verkauf an den Irak als traditioneller Gegenspieler des Iran passt ins Bild. Und die Waffenlieferungen an Algerien beschreibt der Spiegel selbst recht zutreffend, indem er schreibt:

"Merkel will als Regierungschefin keinen militärischen Großeinsatz mehr verantworten. Sie sieht in Afghanistan den Beleg dafür, dass Interventionen in fremden Staaten meist erfolglos sind. Besser und ungefährlicher ist es aus Sicht der Kanzlerin, eine Seite militärisch aufzurüsten.
Algerien ist so ein strategischer Partner. Der nordafrikanische Staat grenzt an Länder, die im Chaos versunken sind: Mali und Libyen. Er soll nun als Brückenkopf im Kampf gegen islamistische Terroristen dienen. Der algerische Geheimdienst hat al-Qaida im Maghreb breit unterwandert. Auch die USA wollen die ehemalige französische Kolonie als Basis im Anti-Terror-Kampf nutzen."

In Ägypten ist die Rechnung des Westens dagegen nicht aufgegangen, hier ist die Situation unübersichtlicher denn je, der Export zweiter deutscher U-Boote in das Land liegt daher erst einmal auf Eis. Sollte sich die Lage dort jedoch beruhigen, so steht auch hier einer weiteren Unterstützung durch die Bundesregierung nichts im Wege.

All diese Exporte verfolgen also eine klar erkennbare Strategie, die ich nur rundheraus unterstützen kann. Es gilt, den Einfluss Teherans zurückzudrängen, ohne die israelische Brechstange zu bemühen oder die Russen und Chinesen durch weitere Sanktionen im Sicherheitsrat zu verärgern. Die hier beschriebene Strategie birgt selbstverständlich ein hohes Risiko, ein ägyptisches Saudi-Arabien wäre ein wahrer Alptraum für den Westen. Und der überall zu beobachtende Machtzuwachs der Moslembrüder im arabischen Raum dürfte in Zukunft ein echtes Problem für den Westen darstellen. Hier bleibt abzuwarten, welchem Einfluss Raid tatsächlich besitzt - und welchen Einfluss es in Zukunft gewillt ist, auszuüben.

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